Samstag, 8. Februar 2025
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Nürnberger Motorradgeschichte – 121 spannende Jahre

Nicht allein in Nürnberg, auch in Fürth, Erlangen, Neumarkt, Schwabach, Forchheim und Bamberg existierte von 1884 bis 2005 eine deutschlandweit einmalige Motorradindustrie. Sie erlebte zwei Höhepunkte mit anschließenden Niedergängen.

Der erste geschah um das Jahr 1925: Weltwirtschaftskrise, schneller technischer Fortschritt und mangelndes unternehmerisches Verständnis ließen zahlreiche kleine Manufakturen genauso schnell wieder verschwinden, wie sie entstanden waren.

Die Großen überlebten und retteten sich auf teils abenteuerliche Weise über den Zweiten Weltkrieg. Danach begann für sie zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre eine Blütezeit, in der jede Minute ein Motorrad, Moped oder Roller von einem der vielen Montagebänder lief. Tausende Arbeiter und Angestellte verdienten in Nürnberg ihren Lebensunterhalt mit dem Motorradbau. Geniale Konstrukteure erfanden oft technische Lösungen, die ihrer Zeit weit voraus waren.

Dann kamen ab Anfang der 50er Jahre die in Großserie produzierten Klein-Pkw. Oft nicht viel teurer als ein gutes Motorrad, bescherten sie der blühenden Motorrad-Industrie ihren zweiten Niedergang. Wer es sich jetzt leisten konnte, fuhr, geschützt vor Wind und Wetter, lieber Goggo-Mobil, Lloyd, VW Käfer, Messerschmitt Kabinenroller oder BMW Isetta.

Da half weder die Fusionen einstiger Konkurrenten, noch hektisch auf den Markt geworfene technisch unausgereifte neue Modelle, oder der missglückte Versuch, ebenfalls in die Pkw-Fertigung einzusteigen.

Die Zeit des Motorrades als Transportmittel war – nicht nur in Nürnberg und Umgebung – abgelaufen. Und als Sport- und Freizeitgerät noch nicht reif.

Nach und nach verschwanden die einst marktbeherrschenden Firmen wie Ardie, Mars, und Triumph. DKW, Victoria und Express aus Neumarkt schlossen sich zur Zweirad-Union zusammen. Nach der Übernahme durch Fichtel & Sachs und Fusion mit Hercules blieb das Werk in der Nopitschstraße als letzter Hersteller übrig.

 

Die 60er und 70er Jahre wurden hier die fetten Jahre erfolgreicher Mopeds und Kleinkrafträder, bevor anfangs der 80er Jahre fernöstliche Modelle den Markt überrannten. Deutschland war als Hersteller von Motorrädern aller Klassen schlicht zu teuer geworden. Nur BMW profitierte noch von Behördenaufträgen und mit dem Pkw-Geschäft im Rücken.

Mehrfach wechselten bei Hercules die Besitzverhältnisse, mit jedem Wechsel reduzierte sich die Zahl der Beschäftigten. Als im Jahr 2005 in der Nopitschstraße im Nürnberger Süden das letzte motorisierte Zweirad zusammengeschraubt wurde, waren von den einst über 2.000 Mitarbeitern gerade noch zwei Dutzend übriggeblieben.

Buchautor Thomas Reinwald hat in drei Jahrzehnten Recherche alles zusammengetragen, was aus 121 spannenden Jahren Nürnberger Motorradgeschichte noch überliefert ist. Archive und viele Zeitzeugen lieferten ihm Stoff von 58 aufgelistete Fabriken vom Industriebetrieb bis zur Hinterhof-Manufaktur mit einstelliger Belegschaft. Dazu kamen noch die Zulieferbetriebe vom (heute noch existierenden) Vergaserhersteller bis zu den Produzenten von Zubehör, Schutzbekleidung, Seitenwagen und anderen Einzelteilen.

Hinter allen Firmen steckt ein unternehmerisches Schicksal, das mit dem Aufstieg und Niedergang des Motorrad-Booms in Deutschland eng verbunden ist. So entstanden spannende Geschichten von ehrlichen Handwerkern und windigen Geschäftemachern. Aber auch von Traumtänzern, technischen Genies und knallharten Businesstypen.

Nahezu jedes Kapitel endet tragisch mit zahlreichen und oft verzweifelten Versuchen, den drohenden Niedergang zu überleben.

Entstanden ist ein über 250 Seiten starkes Buch im DIN A 4-Format als Dokumentation mit 676 Fotos und Skizzen. Der Autor erzählt auch viele bisher unveröffentlichte Insider-Geschichten. Statt Prospekt-Repros und tabellarischen Aufzählungen präsentiert er neben den Fotos von Serienmodellen viele Prototypen und Vorserienfahrzeuge, die nie vom Band liefen. Bilder aus den Werken bieten einen Einblick in frühere Produktionsmethoden; andere dokumentieren die Erfolge fränkischer Fahrer in der einstigen Hochburg des Motorrad-Geländesports.

„Nürnberger Motorradgeschichte“ ist eine packende und unterhaltsame Dokumentation geworden. Nicht nur für Historiker, sondern auch für alle, die schon immer wissen wollten, wie und warum sich die Dinge so und nicht anders entwickelt haben.

ISBN 978-3-929136-14-2, 30 x 32 cm, 256 Seiten, 676 Fotos, Hardcover mit Fadenheftung, 39,- € (+ 3,- Porto u. Versand)

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